Ringen um die Zulässigkeit – Bürgerinitiative setzt sich gegen fragwürdige Argumente des Bürgermeisters und der Stadtverwaltung durch – Eine Chronologie der Ereignisse

Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer hält einen Bürgerentscheid über die Zukunft des Holzvogtlands für rechtlich unzulässig. Obwohl mehr als dreitausend Reinbekerinnen und Reinbeker sich mit ihrer Unterschrift dafür eingesetzt hatten, dass sie selbst über die Frage der Bebauung des Holzvogtlands entscheiden können, setzt sich der Bürgermeister höchstpersönlich dafür ein, einen  Bürgerentscheid zu verhindern. Nicht nur seine juristische Argumentation ist dabei bedenklich. Auch sein Vorgehen und das der Stadtverwaltung werfen eine Menge Fragen auf.

Um die Vorgänge und die Chronologie der letzten Wochen rund um den Bürgerentscheid festzuhalten und auch andere und zukünftige Bürgerinitiativen in ihrem Einsatz für direkte Demokratie zu bestärken, hält die Bürgerinitiative Holzvogtland im Folgenden die Abläufe fest, die trotz der Verhinderungsversuche des Bürgermeisters und Vertretern seiner Verwaltung letztlich zu einem positiven Zulässigkeitsbescheid geführt haben.

Kap. 1 Das Bürgerbegehren beginnt – Reinbeks Stadtverwaltung hat ernste Zweifel

Bürgerbegehren sind in der Landesverfassung Schleswig-Holsteins als Mittel der direkten Demokratie verankert. Nach erster Begutachtung durch die Kommunalaufsicht des Kieler Innenministeriums und Erklärung der vorläufigen Zulässigkeit ihres Vorhabens startete die Bürgerinitiative Holzvogtland Mitte November 2021 die für einen Bürgerentscheid notwendige Unterschriftensammlung. Jede Reinbekerin und jeder Reinbeker, die/der sich mit ihrer/seiner Unterschrift für den Bürgerentscheid ausgesprochen hat, erinnert sich: Oben auf den Unterschriftenlisten waren die konkrete Frage, über die später an der Wahlurne abgestimmt wird, sowie eine Begründung aufgedruckt.

Wenige Tage später meldete die Stadtverwaltung, vertreten durch Herrn Vogt-Zembol (Fachbereichsleitung Umwelt, Klimaschutz, Innere Dienste), bereits äußerste Zweifel an der Zulässigkeit des Vorhabens an. Am 26.11.2021 argumentierte er dem zuständigen Innenministerium in Kiel gegenüber:

  • Die Fragestellung des Bürgerbegehrens beinhalte „eine reine Negativ- bzw. Verhinderungsabsicht, mit der der Stadt Reinbek zukünftig schon im Vorwege jegliche bauleitplanerische Überlegung und Entscheidung genommen wäre und keinerlei Abwägungsspielraum für das betroffene Gebiet bliebe“.
  • Das Bürgerbegehren sei unzulässig, weil ein Bürgerentscheid unzulässig weitreichend in die Planungshoheit der Stadt Reinbek eingreifen würde. Auf diesem Wege würde „eine Planung schon im aufkeimenden Zustand erstickt werden“.

Diese vorgebrachten Punkte sind jedoch sachlich falsch, was im Folgenden erläutert wird. Korrekt hatte er die folgenden zwei Punkte benannt. Diese Argumente unterstreichen jedoch gerade die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens:

  • Ein Bürgerbegehren sei in der Bauleitplanung nur zulässig, wenn es einen Aufstellungsbeschluss gebe (und somit ein formell eingeleitetes Bauleitplanverfahren), der in Sachen Holzvogtland aber noch gar nicht vorliege. 
  • Es gebe für diese Flächen keine im Verfahren befindlichen Bauleitpläne.

Kap. 2 Ein großes Zeichen für direkte Demokratie – erste Zustimmung aus dem Kieler Innenministerium

Es stand groß in der Presse: Mit 3.227 Unterschriften konnte die Bürgerinitiative Holzvogtland Bürgermeister Björn Warmer ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk machen. Seine Freude über dieses große Zeichen für die direkte Demokratie schien sich jedoch in Grenzen zu halten, wie  im Hamburger Abendblatt und der Bergedorfer Zeitung am 23.12.2021 geschildert wird:

„Ich finde es sinnvoll, dass die Bürger mitentscheiden“, so Warmer. „Es ist immer schön, wenn Menschen aktiv etwas mitgestalten wollen.“ Als „etwas schräg“ bezeichnete der Bürgermeister allerdings, dass die Bürgerinitiative Holzvogtland gegen etwas vorgeht, für das es noch gar keinen Beschluss aus der Politik gibt. „Es wird in der Erwartung von etwas gehandelt, wofür es  möglicherweise politisch gar keine Mehrheit gäbe.“

„Es wird in der Erwartung von etwas gehandelt, wofür es  möglicherweise politisch gar keine Mehrheit gäbe.“

Interview Bürgermeister Björn Warmer mit Hamburger Abendblatt und der Bergedorfer Zeitung am 23.12.2021

Dass Bürgerinnen und Bürger von sich aus aktiv werden, von ihrem Recht auf direkte Mitbestimmung Gebrauch machen und nicht nur auf Aktionen von Politik oder Verwaltung reagieren, scheint nicht in das Weltbild des Bürgermeisters zu passen. Durch die Sammlung der ausreichenden Anzahl von Unterschriften konnte nun das Kieler Innenministerium als zuständige Kommunalaufsichtsbehörde auch diesen formal vorgeschriebenen Schritt zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Reinbek für gültig erklären und bestätigte wieder direkt: „Meine vorläufige Prüfung […] hat ergeben, dass das Bürgerbegehren […] zulässig sein dürfte“.

Die von der Stadt Reinbek vorgetragenen Zweifel wurden, versehen mit ausführlicher juristischer Begründung, durch die Kommunalaufsicht zurückgewiesen.

Wie formal vorgeschrieben, bat das Ministerium daraufhin beide Parteien (Stadtverwaltung Reinbek und Vertretungsberechtigte des Bürgerbegehrens) um Stellungnahmen zu der beabsichtigten Entscheidung der Kommunalaufsicht, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären.

Kap. 3 Stadtverwaltung Reinbek lässt nicht locker – der Bürgermeister steigt in den Ring

Da sich eine positive Entscheidung aus Kiel andeutete, sahen die Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens zunächst von einer Stellungnahme ab. Die Stadtverwaltung Reinbek auf der anderen Seite konnte sich mit der rechtlich begründeten Zurückweisung ihrer Zweifel nicht abfinden und beantragte eine Fristverlängerung für ihre Stellungnahme.

Diese Stellungnahme gab Bürgermeister Björn Warmer höchstpersönlich am 27.1.2022 ab. Warum nun der Bürgermeister selbst Partei ergriff und aktiv in den laufenden Prozess eingriff, erschließt sich den Mitgliedern der Bürgerinitiative nicht. Insbesondere nicht vor dem Hintergrund seiner Aussage gegenüber der Presse am 23.12.2021 (s.o.), wo er sogar noch darauf hinwies, dass es aus seiner Sicht  möglicherweise politisch ja gar keine Mehrheit für einen Aufstellungsbeschluss zur Bebauung geben werde. Mit seinem achtseitigen Schreiben (inkl. Anlagen) brachte er einen von Schärfe geprägten neuen Stil in den Austausch mit der Kommunalaufsicht ein und betonte, dass die Stadt Reinbek mit der vorläufigen Prüfung aus Kiel alles andere als einverstanden sei. Es würden aus Sicht der Stadtverwaltung nach wie vor „erhebliche Zweifel“ an der Zulässigkeit bestehen. Die rechtlichen Argumente des Bürgermeisters lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Nach dem Wortlaut der Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins gelte der Grundsatz, dass „alle Entscheidungen im Rahmen der Bauleitplanung nicht bürgerbegehrensfähig“ sein sollten. Eine Ausnahme gelte nur für den Aufstellungsbeschluss.
  •  „alle Entscheidungen im Rahmen der Bauleitplanung“ würden auch „Grundsatzentscheidungen im Vorfeld“ und „Vorabentscheidungen“ umfassen. Dies lasse sich auch aus einem (von ihm umfangreich zitierten) Beschluss des Verwaltungsgerichts Schleswig erkennen.
  • Weil das Bürgerbegehren einen „kompromisslosen Planungsverzicht“ verlange, bestünde für die Stadt Reinbek „kein substantieller Planungsspielraum“ mehr.
  • In der Stadt bestehe eine „erhebliche Unterversorgung mit Wohnraum“, weswegen die Stadt geradezu eine „Planungspflicht“ habe.
  • Die Fragestellung des Bürgerbegehrens könne missverständlich sein und die Bürger/innen möglicherweise bewusst „fehlinformieren“ bzw. könnte die „Veränderungen im Holzvogtland dramatisieren“. Auch bei der Begründung der Fragestellung stelle sich die Frage, ob sie den gesetzlichen Pflichten entspreche oder möglicherweise „irreführend“ sei.

Der vorgetragenen Argumentation lassen sich neben der rechtlichen Darstellung allerdings auch einige politische Argumente entnehmen. So wird entgegen der häufig in den hiesigen politischen Debatten anzutreffenden Darstellung, dass dringend für Reinbeker/innen Wohnraum geschaffen werden müsse, der „Zuzugsdruck (v.a. durch Familien aus Hamburg)“ als Argument in die Waagschale geworfen. 

Es stellt sich die grundsätzliche Frage: Warum macht sich der Bürgermeister diese Mühe und steckt so viel Arbeitszeit und Energie in ein juristisches Schreiben, wenn doch die Möglichkeit besteht, schon im Mai über einen Bürgerentscheid zu klären, was die Bürgerinnen und Bürger seiner Stadt selbst in Bezug auf die Stadtentwicklung wollen? Warum setzt er sich mit so starkem persönlichem Engagement für das Wachstum der Stadt Reinbek ein?

Wie vehement Bürgermeister Björn Warmer versucht, Argumente vorzubringen, damit das Kieler Innenministerium in seinen Sinne entscheidet, und wie abstrus die vorgetragene Argumentation des Bürgermeisters dabei ist, verdeutlicht exemplarisch der folgende Satz aus seiner Stellungnahme:

„Grundsatzentscheidungen im Vorfeld der förmlichen Bauleitplanung sind mithin nach dem Rechtsverständnis der Stadt Reinbek auch ‚Entscheidungen im Rahmen der Bauleitplanung‘, die gerade im Grundsatz dem Negativkatalog unterfallen“.

Man muss kein Rechtsgelehrter sein, um zu erkennen, dass eine Entscheidung entweder „im Vorfeld“ oder „im Rahmen“ von etwas getroffen wird. Es ist also gerade nicht (!) das Gleiche, auch wenn im Rechtsverständnis des Bürgermeisters beides in einen Topf geworfen wird.

Auf dem sicheren Fundament dieses Rechtsverständnisses formuliert der Bürgermeister seinen Abschlusssatz und fordert das Innenministerium in Kiel auf:

„All das Vorgenannte sollte bei Ihrer Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entsprechend Beachtung finden; insoweit ist meines Erachtens Ihre bisher vertretene Rechtsauffassung zu überdenken.“

STEllungnahme Bürgermeister Björn Warmer am 27.1.2022

Kap. 4 Jetzt wird es kurios … oder dubios…?

Eine eingehende Prüfung der bürgermeisterlichen Argumentation durch die Bürgerinitiative führte zu dem Ergebnis, eine ganze Reihe der vorgetragenen Aussagen zu hinterfragen. Diese Stellungnahme umfasste 12 Seiten an Gegenargumenten, welche sich wie folgt zusammenfassen lassen:

  • Der vom Bürgermeister zitierte Beschluss des VG Schleswig betraf einen völlig anderen Sachverhalt und lässt sich in keiner Weise auf Fragestellungen bezüglich des Holzvogtlands übertragen.
  • Entscheidungen, die vor einem Aufstellungsbeschluss getroffen werden, können innerhalb oder außerhalb einer Bauleitplanung getroffen werden [Hier hat der Bürgermeister nicht differenziert, obwohl dies rechtlich einen entscheidenden Unterschied macht].
  • In Bezug auf das Holzvogtland hat die Stadt Reinbek bis heute keine Bauleitplanung eingeleitet, was u.a. die Stadtverwaltung (siehe oben in Kap. 1), der Bürgermeister oder auch die Fraktionen der SPD und CDU in jüngerer Vergangenheit nachweislich verdeutlicht haben.
  • Da bislang keine Bauleitplanung eingeleitet wurde, ist das Bürgerbegehren (auch ohne Aufstellungsbeschluss) eindeutig zulässig. 
  • Die Versorgung mit Wohnraum wird in Reinbek sehr kontrovers diskutiert. Es lässt sich daraus keine Planungspflicht für die Gemeinde ableiten, erst recht nicht für ein bestimmtes Gebiet. Höchstrichterlich ist entschieden, dass eine Planungspflicht „Ausnahmecharakter“ hat und „besonders gewichtige Gründe“ vorhanden sein müssen.
  • Fragestellung und Begründung des Bürgerentscheids sind nicht irreführend. Sie beziehen sich ausdrücklich auf das gesamte Holzvogtland.

Diese Gegenargumentation wurde von der Bürgerinitiative nach Kiel geschickt. Keine zwei Tage nach Eingang dieses Schreibens bei der Kieler Kommunalaufsicht hatte die Reinbeker Stadtverwaltung sich bereits erneut in Kiel gemeldet. Erst telefonierte der Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, Herr Noetzel, mit der Kommunalaufsicht. Dann wurde eine mehrseitige E-Mail mit umfangreichen Anlagen als Nachtrag zur Stellungnahme des Bürgermeisters nachgeschoben. Zusammengefasst:

  • Im Stadtgebiet Reinbeks bestehe eine „erhebliche Unterversorgung mit Wohnraum“. Die Lage sei „dramatisch“.
  • Bis 2035 müssten 1.350 Wohneinheiten in Reinbek gebaut werden.  
  • Die Stadt Reinbek habe sich mit möglichen Potentialflächen für den Wohnungsbau schon eingehend beschäftigt. Fast alle sogenannten Potentialflächen seien aktuell aber überhaupt nicht verfügbar, weil die privaten Grundeigentümer alternative Nutzungen (z.B. Landwirtschaft, Gartenbau) oder abwegige Entwicklungspläne verfolgen würden. In nächster Zeit sei nur die Fläche Stahmers Acker (als Teil des Holzvogtlands) verfügbar und geeignet.

Reinbeker Politiker reagierten direkt auf diese E-Mail der Stadtverwaltung und kontaktierten das Innenministerium in Kiel, um der Darstellung der Stadtverwaltung zu widersprechen:

Die Fraktion der Reinbeker Grünen, vertreten durch ihren Fraktionsvorsitzenden Günther Herder-Alpen, war mehr als erstaunt und schrieb unter anderem:

„Die ergänzende Stellungnahme wirkt auf mich wie ein ‚tiefer Griff in die juristische Kiste‘, nur um einen Bürgerentscheid zu verhindern. Dieses Recht sollte am Ende immer höher stehen als eine schon etwas merkwürdig anmutende Auslegung zum Bauplanungsrecht und der Einordnung von Fakten“

Günther Herder-Alpen in einer E-Mail an das Innenministerium Kiel

Die Fraktion der FDP, vertreten durch ihren Fraktionsvorsitzenden Bernd Uwe Rasch, verdeutlichte: „Die hier aufgeführte Argumentation entspricht in Teilen nicht dem tatsächlichen Sachstand in Reinbek, daher will ich einige Punkte richtig stellen“. Es wird von ihm nachgewiesen, dass die im Nachtrag der Stadt Reinbek vorgebrachten Argumente bezüglich der verfügbaren Flächen in Reinbek in weiten Teilen nicht den Tatsachen entsprechen bzw. dass das Kieler Innenministerium durch das Weglassen von zentralen Informationen im Einzelnen fehlinformiert wurde. 

Die Reaktion aus dem Reinbeker Rathaus: Zwei Tage nach Telefonat und E-Mail der Stadtverwaltung an die Kommunalaufsicht zieht Bürgermeister Björn Warmer die E-Mail beim Innenministerium zurück, da sie nicht mit ihm abgestimmt gewesen sein soll, obwohl er diese E-Mail bereits zwei Tage zuvor durch seinen Mitarbeiter selbst in Kopie erhalten hatte.

Bemerkenswert ist, wie sich Bürgermeister Warmer gegenüber den politischen Fraktionen der Stadt Reinbek erklärt und dabei die Verantwortung für diesen Vorgang vollständig von sich weist:

„[…] ich möchte […] mitteilen, dass der am Mittwoch an das Innenministerium abgesetzte ‚Nachtrag‘ zur Stellungnahme zum Bürgerentscheid ohne meine Kenntnis und ohne meine Zustimmung versandt wurde. Ich hätte die Übersendung dieses Nachtrages auch abgelehnt.“

Bürgermeister Björn Warmer gegenüber den politischen Fraktionen der Stadt Reinbek

Diese Information wirft allerdings eher mehr Fragen auf, als Antworten zu geben. Unter anderem stellen sich folgende Fragen:

  • Werden Schreiben der Reinbeker Verwaltung in wichtigen Angelegenheiten tatsächlich ohne Abstimmung oder Rücksprache mit dem Bürgermeister verschickt?
  • Wieso hat die Rücknahme dieses E-Mail-Nachtrags so lange gedauert und erfolgte nicht direkt, sondern erst nach der Intervention durch Reinbeker Stadtverordnete?
  • Welche Eindrücke werden durch ein derartiges Vorgehen beim Kieler Innenministerium einerseits und bei den Reinbekerinnen und Reinbekern andererseits erzeugt?

Kap. 5 Kieler Finale

Mit Schreiben vom 28.02.2022 erklärt die Kommunalaufsicht in Kiel das Bürgerbegehren über die Zukunft des Holzvogtlands für zulässig. Naturgemäß werden die von beiden Seiten vorgetragenen Argumente wiedergegeben und abgewogen. Kurz zusammengefasst:

  • Die von der Stadt Reinbek „geäußerten rechtlichen Bedenken“ werden als „nicht stichhaltig“ bewertet.
  • Der vom Reinbeker Bürgermeister bemühte Beschluss des VG Schleswig gebe „für den vorliegenden Fall nichts her“.
  • Es sei „unschädlich“, dass die Stadt Reinbek ihre „Planungsvorstellungen möglicherweise nicht mehr verwirklichen könne“.
  • Wenn die Stadt die Fragestellung und Begründung nicht für sachlich halte, so sei dem nicht zu folgen.

Das Fazit aus dem Kieler Innenministerium fällt sehr deutlich aus:

„Die Stadt Reinbek hat […] umfangreich ihre rechtliche Sicht der Dinge dargestellt. Die Ausführungen waren jedoch in keiner Weise geeignet, die zweifelsfrei gegebene Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in Frage zu stellen.

Dagegen stellt die Stellungnahme der Vertretungsberechtigten […] die Rechtslage sowohl hinsichtlich des Nichteingreifens des Ausschlussgrundes des § 16 g Abs. 2 Ziffer 6 GO als auch bezüglich des Nichtbestehens einer Planungspflicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB zutreffend dar. Mit besonderem Interesse wurde der darin auf Seite 10 enthaltene Hinweise auf die im Bau- und Planungsausschuss der Stadt am 18.06.2019 vorgestellte Potentialflächenanalyse für Reinbek zur Kenntnis genommen.

In der Gesamtschau aller Umstände ergibt sich damit das Bild, dass die hier in Rede stehende Fläche für eine wohnungsbauliche Nutzung attraktiv sein mag; eine baurechtliche Verpflichtung, gerade auf diese zuzugreifen besteht jedoch unter keinem Gesichtspunkt.“

Aus der Zulässigkeitserklärung der Kommunalaufsicht in Kiel vom 28.02.2022

Epilog

Das hartnäckige Vorgehen von Bürgermeister Björn Warmer und seiner Stadtverwaltung gegen das von der Bürgerinitiative Holzvogtland initiierte Bürgerbegehren irritiert, auch wenn es manchen Reinbeker nicht mehr überrascht. Auffällig sind die Vehemenz und die Energie, mit denen im Rathaus versucht wird, einen Bürgerentscheid in Reinbek zu verhindern. Dass der Bürgermeister und seine Stadtverwaltung dabei nicht davor zurückschrecken, sich auch äußerst windiger „Argumente“ selbst vor der Kommunalaufsicht zu bedienen, die sie anschließend teilweise sogar wieder zurückziehen, muss über den konkreten Fall hinaus zu schwersten Bedenken sowohl hinsichtlich des Funktionierens des Rathauses wie der demokratischen Grundhaltung der Beteiligten Anlass geben.  Dass diese Vertreter der Stadtverwaltung nicht davor zurückscheuen, falsche Darstellungen der Situation vor Ort an die Kommunalaufsicht des Innenministeriums zu schicken, um ihre Sichtweise gegen die eigenen Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen, die dann, nach Richtigstellung durch die Reinbeker Grünen- und FDP-Fraktionen, vom Bürgermeister höchstpersönlich wieder zurück genommen werden mussten, spricht für sich.  

Letzten Endes wurden alle zur Verhinderung des Bürgerbegehrens vorgebrachten Punkte und damit die vom Bürgermeister Björn Warmer artikulierten „erheblichen Zweifel“ von der Kommunalsaufsicht in Kiel zurückgewiesen:

  • Die Gemeindeordnung Schleswig-Holsteins regelt klar, dass ein Bürgerbegehren zulässig ist, wenn es außerhalb der Bauleitplanung stattfindet. Das Bürgerbegehren zum Holzvogtland greift nicht in ein bereits laufendes Bauleitverfahren ein.
  • Die für den Bürgerentscheid definierte Fragestellung ist nicht „irreführend“ oder „dramatisierend“ und keine „Fehlinformation“.
  • Auch die angebliche erhebliche Unterversorgung mit Wohnraum kann durch das vielfältig in Reinbek vorhandene Potential zur Lösung dieser Aufgabe nicht als Gegenargument dienen.

Die Landesverfassung Schleswig-Holsteins sieht ausdrücklich das Mittel der direkten Demokratie in Form von Bürgerentscheiden als gleichrangig zur repräsentativen Demokratie an. Diese Gleichrangigkeit ist hohes demokratisches Gut. Die Bürgerinitiative Holzvogtland wird sich auf dieser Basis weiter für ein lebenswertes Reinbek engagieren.

Anlagen

E-Mail der Stadtverwaltung Reinbek vom 26. November 2021
Bitte um Stellungnahme des Innenministeriums (Kommunalaufsicht) in Kiel vom 11. Januar 2022
Stellungnahme des Bürgermeisters vom 27. Januar 2022
Stellungnahme der Bürgerinitiative Holzvogtland vom 20. Februar 2022
E-Mail der Stadtverwaltung Reinbek / „Nachtrag“ vom 23. Februar 2022
Zulässigkeitsentscheidung des Innenministeriums (Kommunalaufsicht) in Kiel vom 28. Februar 2022