Wer behauptet, das Holzvogtland eigene sich wegen der vorhandenen sozialen Infrastruktur besonders gut als Standort einer neuen Großsiedlung in Reinbek, und dabei auf die Kindergärten, die Grundschule Schönningstedt und das Schulzentrum in der Nähe verweist, kennt Reinbek nicht. Jede Großsiedlung hat zur Folge, dass in ihrer unmittelbaren Umgebung insbesondere der Bedarf an Kita- und Grundschulplätzen schlagartig zunimmt. Anders ist dies, wenn neuer Wohnraum für Familien mit Kindern dezentral geschaffen wird, weil sich dann auch die Nachfrage nach Kita- und Schulplätzen entsprechend über das gesamte Stadtgebiet verteilt.
Aktuell bereits ist die Versorgung der Reinbeker Kinder und Jugendlichen mit Kita- und Schulplätzen mehr als angespannt:
In Reinbek leben derzeit etwa 1.500 Kinder im sog. Kindergartenalter, für die aber nur 1.150 Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, einschließlich der Plätze im Hort und bei Tagesmüttern. Besonders eklatant ist der Mangel im Bereich der Kinder unter drei Jahren, wo derzeit alleine 61 Betreuungsplätze fehlen. Die Stadtverwaltung fordert daher von den Politikerinnen und Politikern kurzfristig den Bau einer neuen „mindestens viergruppigen Kindertagesstätte“ (siehe Vorlage 2022/50/008) und verweist darauf, dass der Bedarf weiter steigen wird.
Die Grundschule Schönningstedt platzt bereits jetzt aus allen Nähten. Ging man vor einigen Jahren davon aus, dass die Grundschule Schönningstedt langfristig 1,5-zügig sein würde, ist jetzt klar, dass diese Schule ab kommendem Schuljahr zweizügig sein wird. Entsprechend wächst der Raumbedarf, weshalb die Stadtverwaltung die Stadtverordnetenversammlung auffordert, bereits zum Sommer 2022 einer räumlichen Erweiterung der Schule zuzustimmen. (siehe Vorlage 2022/50/007) Auch hier wird von einer weiter ansteigenden Nachfrage ausgegangen.
Die Situation in den weiterführenden Schulen ist nicht entspannter: Das neue Schulzentrum, Standort der Gemeinschaftsschule und der Amalie-Sieveking-Schule, stößt bereits jetzt an seine Kapazitätsgrenzen. Die Sachsenwaldschule leidet seit Jahren unter Raummangel, der sich mit der Rückkehr zum 9-jährigen Bildungsgang noch verschärft. Seitens der Stadtverwaltung wird daher von der Politik gefordert, das derzeitige Volkshochschulgebäude in Gänze der Sachsenwaldschule zur Verfügung zu stellen. (siehe Vorlage 2022/BM/001)
Die Bildungseinrichtungen in Reinbek arbeiten – räumlich betrachtet – derzeit alle am Limit. Wer der Schaffung einer Großsiedlung auf dem Holzvogtland das Wort redet, kennt ganz offensichtlich die Situation in unserer Stadt nicht. Und selbst wenn jetzt der Bau einer weiteren Kita beschlossen werden sollte, wie sie auch ein an der Errichtung einer Großsiedlung auf dem Holzvogtland interessierter Investor in Aussicht stellt, wäre dies nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein – zumal völlig unklar ist, woher die benötigten Erzieherinnen und Erzieher eigentlich kommen sollen.
Archiv der Kategorie: Gründe für den Erhalt
Darum soll das Holzvogtland erhalten bleiben – im Video
Am 24. März stellte die Bürgerinitiative Holzvogtland in der Reinbeker Stadtverordnetenversammlung mit dieser Präsentation die Gründe für den Erhalt des Holzvogtlandes vor.
Stimmen Sie DARUM mit “JA” am 8. Mai!
Liebe Reinbekerinnen und Reinbeker,
wir haben in sehr kurzer Zeit die erforderlichen Unterschriften für einen Bürgerentscheid zum Erhalt des Holzvogtlandes gesammelt. Ein Zeichen, dass dieses Thema viele Reinbekerinnen und Reinbeker bewegt.
Die nachfolgenden Themenblöcke sollen Ihnen unsere Sichtweise erklären und Sie bestärken, die Frage zum Bürgerentscheid mit „JA“ zu beantworten.
Bürgerentscheid als Auftakt gelebter Demokratie
Im Juni 2021 lehnten die Reinbeker Stadtverordneten einen Bürgerentscheid über die Zukunft des Holzvogtlandes mit großer Mehrheit ab. Wenn es jetzt doch zu einem Bürgerentscheid kommt, so ist es darauf zurückzuführen, dass über 3.100 Bürgerinnen und Bürger dies durch ein erfolgreiches Bürgerbegehren erzwungen haben. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für unsere Stadt generell nicht nur von einigen wenigen Stadtverordneten, sondern von den Bürgerinnen und Bürgern auf der Grundlage einer breiten, intensiven öffentlichen Debatte entschieden werden. Auch erwarten wir, dass die Politik ein derartiges Votum über die Geltungszeit hinaus respektieren. Die jetzt von den Parteien geäußerte Zustimmung ist nur dann glaubwürdig, wenn auch künftige Grundsatzentscheidungen über die Entwicklung unserer Stadt unter breiter Beteiligung aller Reinbekerinnen und Reinbeker getroffen werden.
Stadtentwicklungskonzept erforderlich!
Deutlich wird: Reinbek muss selbst definieren, wohin es sich entwickeln will.
Wieviel Wachstum möchte/verkraftet Reinbek noch?
Welche Wohnraumbedarfe gibt es in der Reinbeker Bevölkerung? Wie kann man diese Bedarfe erfüllen?
Hierfür benötigt Reinbek ein integriertes Stadtentwicklungskonzept. Die Erfahrungen lehren, ein investorengetriebenes Bauen löst die Probleme nicht!
Wohnungsmarkt-Monitoring aussagekräftig?
Wenn als Begründung für massiven Wohnungsbaubedarf das Wohnungsmarkt-Monitoring des GEWOS-Instituts angeführt wird, welches sich auf einen Prognosezeitraum bis zum Jahre 2035 bezieht, ist anzumerken, dass GEWOS Teil eines der größten deutschen Stadtentwicklungsunterneh- men (DSK BIG) ist.
Großsiedlung auf dem Holzvogtland überfordert Reinbeker Kita- und Schullandschaft
Die Errichtung einer Großsiedlung auf dem Holzvogtland würde Reinbeks soziale Infrastruktur massiv belasten. Bereits jetzt arbeiten Reinbeks Bildungseinrichtungen räumlich am Limit. Für die etwa 1.500 Kinder im Kindergartenalter stehen nur 1.150 Betreuungsplätze zur Verfügung; allein bei den Kindern unter drei Jahren fehlen derzeit 61 Betreuungsplätze. Die Grundschule Schönningstedt, erst vor zwei Jahren aufwendig erweitert, muss bereits wieder angebaut werden, um zum Schuljahr 2022/23 zusätzliche Kinder aufnehmen zu können. Auch an den anderen Grundschulen ist die Lage angespannt. Das neue Schulzentrum stößt schon jetzt an seine Kapazitätsgrenzen. Die Sachsenwaldschule leidet seit Jahren unter Raummangel und wird, um die Rückkehr zum 9-jährigen Bildungsgang räumlich bewältigen zu können, das VHS-Gebäude übernehmen.
Abgesehen von den hohen Kosten, die der Stadt bei Neubauten entstehen würden, bleibt unklar, woher die benötigten pädagogischen Kräfte kommen sollen.
Neubaugebiete – eine Lösung für „bezahlbaren Wohnraum“?
Immer wieder ist in der politischen Diskussion in Reinbek zu hören: „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum.“ Jeder hat hierfür eine eigene Definition. Wenn also Politiker oder Investoren davon sprechen, „bezahlbaren Wohnraum“ schaffen zu wollen, so muss sich deren Vorhaben nicht mit Ihren Erwartungen decken.
Auch die BI Holzvogtland stellt nicht in Abrede, dass in Reinbek mehr öffentlich geförderter Wohnraum und Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen geschaffen werden muss.
Ein Neubaugebiet auf der grünen Wiese ist hierfür jedoch aus zwei Gründen der falsche Weg. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die Reinbeker Politik die Bedarfe mittels Neubaugebieten nicht deckt.
1. Reinbek hat sich gemäß der „Leitlinie Strategie Wohnen“ des Mittelzentrums verpflichtet, bei jeder Ausweisung von Wohnbauflächen einen Anteil von 30% öffentlich geförderter Wohnungen vorzusehen. Dieser Verpflichtung ist die Reinbeker Politik jedoch bei keinem der letzten Neubaugebiete nachgekommen. Beispielhaft wird dies für das Gebiet „Schröders Koppel“ deutlich:
2. Die Erfahrungen mit den Neubaugebieten der letzten Jahre zeigen, dass der neu geschaffene Wohnraum im Wesentlichen zuziehenden Neubürgern zugutekommt, nicht – wie immer wieder behauptet – den Reinbekern, die günstigen Wohnraum suchen:
Dem Versprechen, „bezahlbaren Wohnraum“ für Reinbeker zu schaffen, wird durch Neubaugebiete nur bedingt entsprochen.
Großsiedlung auf dem Holzvogtland überfordert Verkehrsinfrastruktur
In Reinbek gibt es 13.374 Wohneinheiten (Statistikamt Nord) und laut Kraftfahrtbundesamt 16.078 privat genutzte Personenkraftwagen. Dies entspricht statistisch 1,2 PKW pro Haushalt.
Es ist also davon auszugehen, dass sich dieser Trend bei einer Bebauung im Holzvogtland fortsetzt und die Verkehrsinfrastruktur zusätzlich belastet wird, unabhängig von der Antriebsart der PKW.
Zu erwarten ist, dass in das Wohngebiet überwiegend jüngere Berufstätige einziehen würden, die in der Regel über ein eigenes Kraftfahrzeug verfügen. Der Fahrzeugbestand wird sich also vermutlich deutlich erhöhen.
Die Schönningstedter Straße ist eine zentrale Verkehrsader der Stadt. Insbesondere in den Kreuzungsbereichen Wohltorfer Straße und Sachsenwaldstraße ist in Folge einer Bebauung mit einem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen und zusätzlichen Staus mit Belastungen für Verkehrsteilnehmer, Anwohner und Rettungsdienste zu rechnen.
Das Holzvogtland –
unverzichtbar für den Umwelt- und Klimaschutz in Reinbek
Das Holzvogtland erfüllt wichtige Funktionen für den Umwelt- und Klimaschutz, von denen alle Einwohner Reinbeks unmittelbar profitieren. Insbesondere für ein ausgeglichenes Mikroklima ist das Holzvogtland durch die Abmilderung von Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Sturm und Starkregen bedeutsam. Die Freiflächen haben insbesondere folgende wichtige Funktionen:
- Sie dienen als Versickerungsflächen bei Starkregen. (Kräftige Gewitter mit Starkregen hat es in Reinbek in den letzten Jahren zunehmend gegeben)
- Die Flächen bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, ermöglichen die artentypischen Wanderungen sowie die Vernetzung benachbarter Biotope.
- Unversiegelte Böden binden die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas.
- Unversiegelte Böden speichern Wasser. Ein ausgeglichener Bodenwasserhaushalt sorgt durch Verdunstung auch für Kühlung der Umgebung.
- Das Holzvogtland ist von Knicks durchzogen, die als Lebensraum und Nahrungsquelle gerade für heimische Insekten und Vögel besonders wichtig sind.
- Die Ressource Boden ist auch in Reinbek begrenzt und nicht vermehrbar. Ein behutsamer und sparsamer Umgang ist zwingend erforderlich, auch um das landesweite Ziel der Begrenzung des Flächenverbrauchs auf 1,3ha/Tag zu unterstützen.
Reinbek – statt im Grünen?
Reinbek wirbt für sich mit dem Slogan „Reinbek – die Stadt im Grünen“. Und fragt man die Reinbekerinnen und Reinbeker, was aus ihrer Sicht die Lebensqualität unserer Stadt ausmacht, dann wird sehr schnell auf die zahlreichen Grün- und Ackerflächen verwiesen, die das Reinbeker Landschaftsbild bestimmen. Prägend für Reinbek sind die ausgedehnten Freiflächen zwischen den sechs Stadtteilen, die zu Spaziergängen und zum Radfahren einladen. Eine Großsiedlung auf dem Holzvogtland mit bis zu fünfstöckigen Wohnblöcken – so eine aktuelle Planung – würde den Charakter Reinbeks grundsätzlich verändern. Nicht nur würden Grün- und Ackerflächen durch Asphalt und Be-ton ersetzt, auch ginge der zwischen den Stadtteilen Prahlsdorf und Schönningstedt liegende Naturraum unwiederbringlich verloren. Wer Reinbeks Charakter als beschauliche Stadt im Grünen und damit die Lebensqualität unserer Stadt bewahren möchte, muss für den Erhalt des Holzvogtlands als Freifläche eintreten und am 08.Mai 2022 mit „JA“ stimmen.
Ergebnisse der Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland untermauern die Haltung der BI, dass das gesamte Holzvogtland frei von Bebauung bleiben muss!
In einer Pressemitteilung vom 14. Juni 2021 hat das Umweltbundesamt die Ergebnisse der aktuellen Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland bekannt gegeben. Diese Analyse zeigt die Risiken verschiedener Klimaszenarien bis zum Jahr 2050 und bis zum Ende des 21. Jahrhunderts auf.
Begrünung und Entsiegelung in Städten als Vorsorgemaßnahmen gegen gravierende Hitzebelastungen und andere Wetterextreme
Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Analyse sind eindeutig: Um sich für Risiken durch extreme Hitze, Trockenheit, Überflutungen durch Starkregen oder Stürme zu wappnen, müssen Kommunen konsequent Maßnahmen zur Verbesserung der natürlichen Umwelt umsetzen. Hierbei geht es nicht um Maßnahmen, die den zukünftigen Klimawandel bekämpfen, sondern um Maßnahmen, die als Vorsorge und Anpassung an die bereits heute nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels getroffen werden müssen. „Dazu gehören tödliche Hitzebelastungen, besonders in Städten, Wassermangel im Boden und häufigere Hoch- und Niedrigwasser, mit schwerwiegenden Folgen für alle Ökosysteme, die Land- und Forstwirtschaft…“, wird in der Pressemitteilung berichtet. Zu den für Städte abgeleiteten notwendigen Maßnahmen zur Abmilderung der Extremwetterereignisse zählen unter anderem die
- Verringerung von asphaltierten Flächen (Entsiegelung)
- Schaffung von renaturierten wasseraufnehmenden und -abgebenden Freiflächen
- großflächige Begrünung von Freiflächen und Dächern
- Vernetzung von grünen Strukturen
- Anpflanzung von Bäumen in Städten und so schnell wie möglich
- Reduzierung des Flächenverbrauchs(!)
Was ist noch nötig, damit wir erkennen, dass der Klimawandel die primäre Herausforderung für unsere Stadt Reinbek ist? Die zurzeit stattfindenden politischen Entscheidungen in Reinbek sind exakt gegenläufig zu den Erkenntnissen und Empfehlungen der Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Umweltbundesamtes:
Wenige Tage nach Veröffentlichung der Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 wurde am 17.06.2021 in der Reinbeker Stadtverordnetenversammlung (STVV_2021_06_17) unter TOP Ö23 der Antrag, auf eine Bebauung des Holzvogtlandes langfristig zu verzichten, von der Mehrheit der Stadtverordneten abgelehnt, obwohl dieses Land von essentieller Bedeutung für die Abmilderung der aufgezählten Extremwetterereignisse ist: Hier kühlt sich Luft ab, Wasser kann langsamer abfließen und versickern, Stürme werden verlangsamt, um nur einige Beispiele zu nennen.
Für die Bebauung des Holzvogtlandes oder auch Teilen davon wird immer wieder das Argument „Bedarf an sozialem und altersgerechtem Wohnraum“ angeführt. Diesen Bedarf zu decken ist sicher eine sehr wichtige Aufgabe. Der tatsächliche Bedarf an Wohnraum in Reinbek, der aus Reinbeks Bevölkerung selbst entsteht, ist allerdings vergleichsweise gering. Daher sollen faktisch ohne Notwendigkeit Neubaugebiete geschaffen werden, mit der direkten Konsequenz großer Auswirkungen des Klimawandels auf Reinbek.
Die BI setzt sich dafür ein, dass anstatt dessen bestehende alternative Lösungen ausgeschöpft werden sollen und nicht zusätzliche unwiederbringliche grüne Flächen versiegelt werden. Grüne Flächen, die wir brauchen werden, um die Gesundheit der in Reinbek lebenden Menschen zu schützen, weil sie für ein ausgewogenes Mikroklima in unserer Stadt sorgen.
Vernetzung von Biotopen – warum unsere Knicks so wichtig sind
Der folgende BUND-Umweltbrief erschien zunächst in “Der Reinbeker” vom 25.01.2021. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.