Leserbrief ans Abendblatt zu „Zoff in Reinbeks SPD: Jetzt spricht der Parteichef“

Leserbrief zu „Zoff in Reinbeks SPD: Jetzt spricht der Parteichef“, in: Hamburger Abendblatt, 17. April 2021

Es ist verständlich, dass der amtierende SPD-Ortsvereinsvorsitzende Gerd Prüfer bemüht ist, im Zusammenhang mit der 180-Grad-Wende in der Frage der Bebauung des Holzvogtlands in Reinbek den Vorwurf wegzureden, die SPD halte sich nicht an ein zentrales Wahlversprechen von 2018. Die Tatsachen widersprechen ihm aber: Im Wahlprogramm der Reinbeker SPD von 2018 steht unmissverständlich im Zusammenhang mit der Schaffung von neuem Wohnraum: „[…] großflächige Siedlungsgebiete lehnen wir ab“. Am 19. 3. 2021 betont die SPD selbst auf ihrer Internet-Seite, sie sei dazu gekommen, „die Position zu großflächigen Wohnbauflächen aus dem Wahlprogramm von 2018 zu überdenken“. Die SPD-Fraktion tut gut daran, sich angesichts ihres Kurswechsels an die Spitze der Befürworter eines Bürgerentscheids zu stellen; einen Wählerauftrag kann sie in dieser Frage jedenfalls nicht reklamieren, im Gegenteil.

Dass Reinbek insbesondere für sozial Schwächere zusätzlichen Wohnraum benötigt, ist richtig. Allerdings ist dies keine sinnvolle Begründung für die geplante Bebauung des Holzvogtlandes. Diese Besiedlung widerspricht dem Klimaschutzkonzept und belastet den städtischen Haushalt mit erheblichen Folgekosten für neue Infrastrukturmaßnahmen; seriöse Berechnungen gehen davon aus, dass die Investitionskosten die zusätzlichen Einnahmen durch Steuern etwa um das Vierfache übertreffen. Reinbek verfügt über genügend kleine Flächen, auf denen die erforderlichen neuen Wohngebäude errichtet werden können, ohne massiv in Reinbeks Landschaftsbild, Ökologie und Finanzen einzugreifen.

Geradezu rührend wirkt der Hinweis von Gerd Prüfer, man wolle „ein Naherholungsgebiet samt Wald am Festplatz neben dem Einkaufszentrum“ schaffen, „eine zweite Wildkoppel“. Die Wildkoppel umfasst knapp sechs Hektar, also mehr als die Fläche, die die Herren Dusenschön und Krieger in einem ersten Schritt bebauen wollen; ihr prägender Baumbestand ist teilweise knapp 300 Jahre alt. Es ist kaum vorstellbar, dass einer der an der Bebauung des Holzvogtlandes interessierten Investoren auf seine Pläne zugunsten eines Stadtwaldes verzichtet, damit andere Investoren leichter die Zustimmung für ihre Besiedlungspläne erhalten. Diese argumentative Nebelkerze sollte schnellstmöglich wieder eingesammelt werden.

Andrea Bachstein-Unglaube
Dr. Ulrich Fritz
Tomas Unglaube