So verkommt die hochgelobte Bürgerbeteiligung zur unverbindlichen Spielwiese!

Leserbrief zu Betr.: Auftaktveranstaltung “Stadtteilplanung Schönningstedt” am 19.10.2021, erschienen in “Der Reinbeker”, Ausgabe vom 01. November 2021, S.17

Als ich im Juni 2020 als Reinbeker SPD-Stadtverordneter dafür stimmte, unter größtmöglicher Beteiligung der Reinbekerinnen und Reinbeker einen Stadtteilplan Schönningstedt zu erarbeiten, tat ich dies in der Erwartung, dass die Einwohnerinnen und Einwohner unserer Stadt wirklich aktiv beteiligt werden würden. Wenn ich die Informationsveranstaltung der Stadt vom 19. Oktober 2021 betrachte, muss ich feststellen, dass Bürgerbeteiligung und Transparenz nur unzureichend umgesetzt werden:

1. Der Arbeitskreis Stadtentwicklung Schönningstedt, bestehend aus Vertretern der Reinbeker Fraktionen und der Stadtverwaltung, hat sich nach Auskunft von Herrn Vogt, dem zuständigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der die Ergebnisse des Arbeitskreises präsentierte, darauf verständigt, nur das Schönningstedter Gebiet nördlich der Sachsenwaldstraße zu betrachten. Damit wird aber nicht nur das besonders strittige Holzvogtland bewusst ausgespart; durch diese kleinräumige Betrachtung wird verhindert, ökologische Betrachtungen für ganz Reinbek oder zumindest ganz Schönningstedt mitzudenken. Merke: Wenn ich das Gebiet nur klein genug definiere, kann ich jede Versiegelung und jeden Eingriff in die Natur noch rechtfertigen.

2. Der künftige Feuerwehr-Standort soll nach Auffassung des Arbeitskreises einer Bürgerbeteiligung entzogen bleiben, weil hier rein fachliche Argumente entscheidend seien. Wenn man sich daran erinnert, dass selbsternannte „Fachmänner“ in der Vergangenheit über Jahre borniert eine Entscheidung über den Standort der Feuerwache Reinbek blockierten und so maßgeblich zu der heute beklagten Kostensteigerung beitrugen, hat dieses Argument gewiss einiges für sich. Nur: Warum wird nicht ein Mittelweg gewählt? Unter fachlichen Gesichtspunkten werden mehrere mögliche Standorte benannt; diese werden dann den Bürgerinnen und Bürgern zur Diskussion genannt. Denn alle Interessierten wissen, dass zum Beispiel der jetzige Standort der AWSH sowohl für eine künftige Feuerwache wie für Wohnungsbau in Frage kommt.

3. Die Verlegung des Recyclinghofs der AWSH soll, so die Auffassung des Arbeitskreises Stadtteilplanung Schönningstedt, nicht Gegenstand einer Bürgerbeteiligung sein. Vielmehr soll bereits am 2. November 2021 im Bauausschuss über die Verlegung vorentschieden werden. Meines Erachtens wird hier in gravierender Weise dem Beschluss der Stadtverordneten vom Juni 2020 zuwider gehandelt. Richtig ist, dass die Stadtverordnetenversammlung im Juni 2020 die Verlegung des Recyclinghofs in das Haidland im Grundsatz beschloss. Ebenso richtig ist aber auch, dass dabei bewusst kein konkreter Standort festgelegt wurde. Wenn jetzt ein Standort im Süden entlang der Sachsenwaldstraße am 2. November beschlossen werden soll, ohne dass eine mögliche Alternative weiter nördlich laut Aussage von Herrn Vogt abschließend auch nur geprüft wurde, dann soll hier offensichtlich die Erweiterung des Gewerbegebiets Haidland insgesamt vorangetrieben werden. Denn anders macht dieser Standort angesichts der Straßenführung keinen Sinn. Damit aber wird die Frage der Erweiterung des Gewerbegebiets Haidland entgegen aller Beteuerungen und dem Beschluss der Stadtverordneten vom Juni 2020 präjudiziert.

Die Reinbeker Kommunalpolitik sollte den Beschluss vom Juni 2020 ernstnehmen und die beschlossene umfassende Bürgerbeteiligung realisieren; und das heißt auch, die Reinbekerinnen und Reinbeker gerade an problematischen Entscheidungen zu beteiligen. Andernfalls verkommt die hochgelobte Bürgerbeteiligung zur unverbindlichen Spielwiese. Nicht ohne Grund geht die Landesverfassung Schleswig-Holsteins nur von einer begrenzten Kompetenz der gewählten Repräsentanten aus.

Tomas Unglaube, Reinbek, bis März 2021 SPD-Stadtverordneter