Leserbrief an die Bergedorfer Zeitung zu “Auftaktveranstaltung Stadtteilplanung Schönningstedt” am 19.10.2021
Meine Schwiegermutter und ich haben, trotz überfreundlicher Hinweise, die Veranstaltung lieber online zu verfolgen, zwei Sitzplätze im Reinbeker Sitzungssaal ergattern können. Man muss nur mutig sein! Und ich muss sagen, ich bin froh bei diesem Spektakel live dabei gewesen zu sein. Die persönliche Begrüßung mit der „Coronafaust“ durch Herrn Warmer, die geschenkten „Stadt Reinbek, die Stadt im Grünen“- Papierblöcke und dazugehörigen Bleistifte machten doch gleich zu Anfang ein herzliches Willkommens-Gefühl aus. Überrascht waren wir nur über die ganze Reinbeker Politik-Prominenz, die sich auf den Stühlen befand. Merkwürdig, ich dachte, es wäre eine Info-Veranstaltung für Schönningstedter Bürger. Hatten die Politiker in den Arbeitskreisen nicht aufgepasst und mussten nun nachsitzen?
Die Präsentation begann. Und schon nach den ersten gesprochenen Sätzen von Herrn Vogt und den ersten Präsentationsfolien wurde klar, was man uns Schönningstedtern versucht zu verkaufen. Die AWSH wird ins Haidland verlegt und die Freiwillige Feuerwehr Schönningstedt auch irgendwohin, aber da habt ihr Bürger nichts mitzuentscheiden. Warum werden wir ausgerechnet bei diesen wichtigen Projekten ausgeschlossen? „ Aber wir wollen Sie mitentscheiden lassen, wie das Gewerbegebiet und die Entlastung der Königstraße aussehen könnten. Wir nennen das erste und zweite Beteiligungsstufe, es ist noch alles offen, Sie können aktiv mitplanen“, hörte ich Herrn Vogt sagen.
„Glückwunsch“, kann ich dazu nur sagen. Wäre ich im Comedy Club an diesem Abend gewesen, hätte ich herzlich gelacht, hier im Sitzungsaal der Stadt machte sich eher Fassungslosigkeit in mir breit. Es wurde viel erzählt, aber wirklich neue konkrete Inhalte wurden nicht vermittelt. Es wirkte so planlos, als wisse man nicht, was man wollte. Wie soll man ein Gewerbegebiet planen, wenn wir Bürger keines wollen? Wie soll man eine Entlastung der Königstraße planen? Feste Blitzanlagen? Durchfahrtsverbote für LKWs? Warum wird bei der Betrachtung das Holzvogtland ausgeschlossen? Man muss doch das gesamte Umfeld Schönningstedts im Blick haben. Diese eingeschränkte Betrachtung kann nicht positiv verlaufen.
Nun lag all meine Hoffnung in der anschließenden Fragestunde, in der ich meine bereits zu Hause ausgedruckten Fragen nur noch abgeben musste und auf meine klar gestellten Fragen eindeutige Antworten erwarten durfte. Leider wurden meine Fragen meist nur „sinngemäß“ wiedergegeben, dabei hatte ich mir mit den Formulierungen so viel Mühe gegeben, und somit fielen die Antworten meist sehr unbefriedigend aus. Allerdings auf meine Frage hinsichtlich der Notwendigkeit bzw. des belegbaren Bedarfs von neuer Gewerbefläche erstaunte uns die Antwort von Herrn Vogt doch sehr: „Es gibt KEINEN aktuellen Bedarf für Gewerbe.“ Natürlich nicht. Dazu braucht man nur auf eines dieser Immobilienportale zu schauen und wird feststellen können, dass allein in Reinbek circa 22.000 qm Lager/Büroflächen/Produktionsfläche zur Vermietung oder zum Verkauf angeboten werden.
Und bitte, warum wollen die Herren nun das kostbare Ackerland in Gewerbefläche versiegeln? Ackerland zu Bauland, da war doch was? Welcher Großgrundbesitzer möchte sich denn nun wieder seinen Acker vergolden lassen? Bevor wir das Jahr 2030 schreiben und der Flächenverbrauch auf 1,3ha pro Tag festgelegt ist, da muss natürlich noch schnell die Verkaufstrommel gerührt werden. Und hier schließt sich natürlich auch wieder der Kreis zur Anfangsfrage, warum wir Kein Mitspracherecht bei der Verlegung der AWHS haben. Hat jemand auf der Präsentationsfolie die Straßenzuführung zur AWSH gesehen? Nein? Die wurde nicht gezeigt, denn dann hätten wir Bürger erkennen können, was die Herren da tatsächlich planen: Den Anfang eines Gewerbegebietes entlang der neuen Straßenführung zur AWSH, das ja aktuell niemand wirklich benötigt, aber wo man gerade dabei ist…
Schade eigentlich, wieder werden wir Bürger nicht ernstgenommen. Und noch immer haben die Herren nicht verstanden, dass wir im Jahre 2021 Böden nicht weiter versiegeln, sondern schützen müssen. Dies ist kein Modetrend, sondern zwingend erforderlich für unser aller Zukunft – kapiert das doch endlich!
Patricia Böge, Schönningstedt