Der Informationsstand der Bürgerinitiative Holzvogtland auf dem Reinbeker Wochenmarkt am 9. Oktober 2021 war ein schöner Erfolg: Trotz der Ferienzeit gelang es uns, mehr als 400 Reinbekerinnen und Reinbeker auf die drohende Gefährdung des Holzvogtlandes hinzuweisen und so über die Ziele der BI zum Erhalt der Freiflächen zwischen Prahlsdorf und Schönningstedt zu informieren. Intensiv nutzten viele interessierte Marktbesucher vor allem das Informationsangebot auf dem über zwei Meter hohen nachgestellten Betonklotz, der in vielfältiger Weise auf die Schutzbedürftigkeit des Holzvogtlandes und der Natur in Reinbek hinweist. Viele dieser Informationen können Sie auch hier auf unserer Internet-Seite nachlesen, sollten Sie uns am vergangenen Sonnabend verpasst haben.
Zwei Ergebnisse nehmen wir aus den zahlreichen Gesprächen bereits jetzt mit: Die allermeisten Reinbekerinnen und Reinbeker, mit denen wir gesprochen haben, wollen das gesamte Holzvogtland frei von Bebauung halten. Und sie zeigen sich enttäuscht, dass die Mehrzahl der Stadtverordneten den hierzu beantragten Bürgerentscheid abgelehnt hat.
Nach den Ferien werden wir unsere Arbeit fortsetzen und freuen uns bereits jetzt auf die Unterstützung der Reinbekerinnen und Reinbeker, gemeinsam das Holzvogtland zu schützen. Derzeit sind wir dabei, in Gesprächen mit dem Kieler Innenministerium das Bürgerbegehren vorzubereiten. Denn nicht wenige haben bereits jetzt das Bürgerbegehren zum Schutz des Holzvogtlandes mit ihrer Unterschrift unterstützen wollen.
Wie kann eine Bebauung des Holzvogtlands durch die Reinbekerinnen und Reinbeker verhindert werden? Der folgende Text stellt zwei wesentliche Möglichkeiten der direkten Demokratie vor.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland bestimmt in Artikel 20 Absatz 2:
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch die besonderen Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“
Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein regelt in Artikel 2 Absatz 2:
„Das Volk bekundet seinen Willen durch Wahlen und Abstimmungen. Es handelt durch seine gewählten Vertretungen […] sowie durch Abstimmungen.“
Das Grundgesetz wie die Landesverfassung benennen ausdrücklich Abstimmungen und stellen damit klar, dass die repräsentative Demokratie (Wahlen) durch Elemente der direkten Demokratie (Abstimmungen) ergänzt werden kann.
Das Land Schleswig-Holstein kennt Abstimmungen der Bürgerinnen und Bürger überSachfragen, sog. Bürgerentscheide, auf der Ebene des Landes, grundsätzlich geregelt in den Artikeln 48 und 49 der Landesverfassung, sowie auf kommunaler Ebene. Die Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein (GO-SH) unterscheidet in § 16g zwei Wege, wie es zu einem Bürgerentscheid kommen kann:
1. Der Bürgerentscheid kann von der Gemeindevertretung initiiert werden (§ 16g Abs 1 GO-SH).
Die Reinbeker Stadtverordnetenversammlung hat sich mit ihrem Votum vom 17. Juni 2021 allerdings (zumindest vorläufig) dagegen ausgesprochen, die Frage der Bebauung des Holzvogtlandes einem Bürgerentscheid zu unterwerfen.
2. Der zweite Weg zu einem Bürgerentscheid wird von den Bürgerinnen und Bürgern selbst initiiert.
Ein Bürgerentscheid, den die Bürgerinnen und Bürger initiieren, besteht nach § 16g GO-SH grundsätzlich aus zwei Phasen:
das vorgeschaltete Bürgerbegehren
der eigentliche Bürgerentscheid.
Im ersten Schritt formulieren die Bürgerinnen und Bürger die zur Abstimmungstehende Frage einschließlich einer Begründung und sammeln hierzu Unterschriften. Einzelheiten regelt eine Landesverordnung. Die Fragestellung muss klar und eindeutig sein; die Kommunalaufsicht (Innenministerium des Landes) ist verpflichtet, die Bürgerinnen und Bürger bei der Formulierung der Fragestellung zu beraten. Damit ein Bürgerbegehren in Reinbek erfolgreich ist, müssen innerhalb von sechs Monaten mindestens 8% der bei der letzten Kommunalwahl Stimmberechtigten dieses durch ihre Unterschrift unterstützen. Bei der letzten Kommunalwahl 2018 waren 22.365 Reinbekerinnen und Reinbeker stimmberechtigt, sodass also in unserer Stadt mindestens 1.789 Unterschriften für ein erfolgreiches Bürgerbegehren erforderlich sind (§ 16g Abs 4 GO-SH). Wenn die erforderlichen Unterschriften vorliegen, werden diese zusammen mit der Fragestellung bei der Kommunalaufsicht (Innenministerium des Landes) eingereicht, um offiziell den Bürgerentscheid zu beantragen. Innerhalb von sechs Wochen entscheidet die Kommunalaufsicht über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Sobald die Zulässigkeit bestätigt ist, darf die Stadt Reinbek (Stadtverordnetenversammlung, Bürgermeister) bis zum Bürgerentscheid nichts unternehmen, was dem Ziel des Bürgerbegehrens zuwiderläuft.
Die Stadtverordnetenversammlung hat nun die Möglichkeit, den Beschlusstext desBürgerbegehrens zu beschließen und damit einen eigentlichen Bürgerentscheid überflüssig zu machen.
Der Bürgerentscheid soll in der Regel innerhalb von drei Monaten nach der Genehmigung des Bürgerbegehrens durch die Kommunalaufsicht durchgeführt werden; eine Verlängerung auf bis zu sechs Monaten kann mit Zustimmung der antragstellenden Bürgerinnen und Bürger beschlossen werden (§ 16g Abs 6 GO-SH). Damit ein Bürgerentscheid gültig ist, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen mehr Ja- als Nein-Stimmen abgegeben werden und insgesamt müssen in Reinbek angesichts der Zahl der Stimmberechtigten mindestens 16% = 3.578 Menschen mit Ja votieren (§ 16g Abs 7 GO-SH).
Ein erfolgreicher Bürgerentscheid ist zwei Jahre gültig und kann innerhalb dieser Frist nur durch einen neuen Bürgerentscheid verändert werden. Gleiches gilt auch für den Fall, dass die Stadtverordnetenversammlung den Beschlusstext des Bürgerentscheids übernimmt und beschließt (§ 16g Abs. 5 GO-SH).
Teilnahmeberechtigt an Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sind alle Reinbekerinnen und Reinbeker, die die deutsche Staatsangehörigkeit oder die eines EU-Staates besitzen, das 16.Lebensjahr vollendet haben und mindestens seit sechs Wochen in Reinbek leben.
Längst nicht alle Entscheidungen, die in der Zuständigkeit der Kommunen liegen, können durch einen Bürgerentscheid herbeigeführt werden. Das betrifft insbesondere den Bereich der Bauleitplanung. Hier können Bürgerentscheide nur über einen Aufstellungsbeschluss, nicht aber über den Flächennutzungsplan und den eigentlichen Bebauungsplan durchgeführt werden (§ 16g Abs 2 GO-SH).
Die Katze ist aus dem Sack: Was bereits in den vergangenen Monaten durch die politischen Ausschüsse Reinbeks waberte, ist nun offiziell. Das Bismarck Seniorenstift möchte ein 10 Hektar großes Grundstück im Holzvogtland für seine Erweiterung (eher Verdopplung) nutzen. Offenbar reicht eine Interessentenliste von 20 Personen, um den Bedarf für einen Großkomplex mit 120 Plätzen im stationären Bereich und 60 Wohnungen zu begründen. Welche Anstrengungen unternommen wurden, eine Erweiterung zu realisieren, die nicht die Versiegelung von 10 Hektar Naturraum erfordert, ist bislang nicht bekannt. Aber natürlich soll „die Sache im Zusammenspiel mit Verwaltung, Politik und den Bürgern behutsam [!] entwickelt“[1] werden.
Wie passend: Am kommenden Dienstag wird die Verwaltung im Rahmen des Berichtswesens unter TOP 4.7 im Bau- und Planungsausschuss über den rechtlichen Status der Holzvogtland-Fläche berichten. Die letzte Stadtverordnetenversammlung hatte mehrheitlich für einen von B90/Grüne eingebrachten Beschlussantrag votiert, den das Hamburger Abendblatt mit „Ein Teil darf bebaut werden, wenn der Rest frei bleibt – und der Investor etwas der Stadt abtritt“[2] zusammenfasste. Laut Aussage der Verwaltung sind die rechtlichen Möglichkeiten, das “restliche” Holzvogtland im Sinne des von B90/Grüne initiierten Beschlusses zu schützen, bereits ausgereizt.
Auffallend ist, dass die genannte Stadtverordnetenversammlung bereits geprägt war durch Aussagen wie „Wenn beispielsweise eine Senioreneinrichtung bauen will, dann muss diese natürlich weniger Fläche an die Stadt abgeben“.
Somit dürfte nun jedem klar sein: Es geht nicht nur – wie immer wieder suggeriert – um einen kleinen Teil des Holzvogtlands. Es geht um das gesamte Holzvogtland!
Ein Projekt dieser Größenordnung wird jedoch Auswirkungen auf ganz Reinbek nach sich ziehen. Wir sind jetzt schon gespannt, wann der nächste Investor seinen Baubedarf im Holzvogtland öffentlich macht.
Das Holzvogtland besteht zu großen Teilen aus landwirtschaftlich genutztem Ackerboden. Den oft vielfach unterschätzten Wert dieses Bodens verdeutlicht der folgende Artikel des BUND auf anschauliche Weise.
Der BUND-Umweltbrief erschien zunächst in “Der Reinbeker” vom 08.02.2021. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung – vielen Dank!
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