2017 beschlossen die Reinbeker Stadtverordneten ein umfassendes Klimaschutzkonzept. Unterstützt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wurden auf über 300 Seiten nicht nur die Auswirkungen der Klimakrise auf lokaler Ebene detailliert beschrieben; es wurden auch zahlreiche Maßnahmen benannt, um vor Ort der Klimakrise entgegen zu wirken.
Fünf Jahre später soll das Klimaschutzkonzept jetzt kritisch ausgewertet und seine Fortschreibung angepackt werden. Auftakt hierzu ist ein Vortrag von Dipl.-Ing. Jörg Wortmann in der Sitzung des Umweltausschusses der Stadt Reinbek am 2. Juni 2022. Unter dem Tagesordnungspunkt Aktualisierung des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Reinbek (TOP 6) wird Wortmann die Praxis seit 2017 kritisch bewerten und Vorschläge für eine Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts vorstellen. Die Umweltausschuss-Sitzung am 2. Juni 2022 findet im Sachsenwald-Forum, Hamburger Straße 4 – 8 statt und beginnt um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Wie zeigt sich die Klimakrise bei uns im Norden? Welche Auswirkungen hat sie auf unser Leben? Lässt sich der Klimakrise regional begegnen? Diese und andere Fragen wird Dr. Swantje Preuschmann, Mitarbeiterin des Climate Service Centers Germany, am kommenden Mittwoch (1. Juni 2022) ab 19.00 Uhr in ihrem Vortrag Die Klimakrise bei uns im Norden behandeln.
Die Veranstaltung wird gemeinsam von der Volkshochschule Sachsenwald , der Stadtbibliothek, dem Klimaschutzmanager der Stadt sowie der BUND-Ortsgruppe durchgeführt. Sie findet in den Räumen der Stadtbibliothek Reinbek, Hamburger Straße 4 – 8 statt. Der Eintritt beträgt € 8,-. Da die Teilnehmerzahl auf 50 Personen begrenzt ist, wird eine Anmeldung unter www.vhs-sachsenwald.de oder telefonisch unter 040 / 727 50 580 empfohlen.
8.350 Reinbekerinnen und Reinbeker haben der Reinbeker Kommunalpolitik und der Reinbeker Stadtverwaltung am Sonntag mit dem Bürgerentscheid eine klare Botschaft zukommen lassen: Sie sind für den Erhalt des Holzvogtlandes und lehnen dessen Bebauung ab. „Wir hatten natürlich darauf gehofft, dass sich eine Mehrheit für den Erhalt des Holzvogtlandes aussprechen würde; dass der Bürgerentscheid so eindeutig ausfallen würde, hat uns dann aber doch überrascht“, so Robert Hartl, Sprecher der Bürgerinitiative Holzvogtland, nach Auszählung aller Stimmen am Abend des 8. Mai. Und in der Tat: Von den 11.404 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Bürgerentscheid stimmten trotz der aufwendigen Plakat-, Anzeigen- und Flyerkampagne der Großsiedlungsbefürworter weniger als 27 % (26,36%) gegen ein Bebauungsverbot.
Drei Erwartungen knüpft die Bürgerinitiative Holzvogtland jetzt an dieses klare Votum der Reinbekerinnen und Reinbeker, so BI-Sprecherin Lena Einecke: „Der Bürgerentscheid hat eine rechtliche Bindungswirkung von zwei Jahren. Wir erwarten, dass nicht nur die Verwaltung, sondern auch die Politik jetzt alle dem Bürgerentscheid zuwiderlaufenden Aktivitäten einstellt. Wir gehen davon aus, dass die Stadtverordneten, die selbst den Bürgerentscheid mit herbeigeführt haben, diesen deutlichen Bürgerwillen über die rechtliche Bindungsfrist hinaus auch mittel- und langfristig respektieren. Wir hoffen, dass Verwaltung und Politik in Reinbek endlich das 2017 beschlossene Klimaschutzprogramm ernstnehmen und gemeinsam mit allen Reinbekerinnen und Reinbekern ein zeitgemäßes Stadtentwicklungskonzept erarbeiten, das den Gedanken des Klima- und Naturschutzes in den Mittelpunkt stellt und nicht von den Wünschen privater Investoren bestimmt wird.“
Im Juni 1999, als bereits einmal über eine Bebauung des Holzvogtlandes per Bürgerentscheid abgestimmt wurde, sprachen sich 7.333 Reinbekerinnen und Reinbeker gegen eine Bebauung aus. „Wenn jetzt 8.350 für die Bewahrung dieser Grünfläche im Zentrum unserer Stadt votieren, zeigt dies, dass in der Reinbeker Bevölkerung das Bewusstsein für Natur- und Klimaschutz eindeutig gewachsen ist. Es bleibt zu hoffen, dass nun auch die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitik diesen Lernschritt endlich nachvollziehen“, so Christina Nikolova für die Bürgerinitiative.
Starkregen in Reinbek verdeutlicht: Keine Bebauung des Holzvogtlands!
Noch in der Woche vor dem letzten Starkregenereignis in Reinbek, am 02.09.2021, warnte der Reinbeker Gemeindewehrführer Oliver Selke im Umwelt- und Verkehrsausschuss vor der beste-henden Problematik durch Starkregen, Sturm- und Hitzewellen in unserer Stadt. Prompt demons-trierte eine Woche später ein starkes Gewitter (10.09.2021), dass auch in Reinbek heftige Unwette-rereignisse möglich sind.
Oliver Selke berichtete seinerzeit auch im TV-Interview mit dem NDR von Überflutungen im Gewerbegebiet Reinbek-Glinde und vollgelaufenen Kellern:
Bereits jetzt sind der Reinbeker Feuerwehr im Stadtgebiet Punkte und Flächen bekannt, die bei Starkregen besonders gefährdet sind und wo Maßnahmen zu treffen sind, um die Situation zu verbessern. Kurzfristige Maßnahmen seien bspw. die Pflege von Sielen und Gullis und die Vergrößerung der Rohrdurchmesser.
Bei seinem Vortrag im Umweltausschuss berichtete Selke, dass für langfristig wirksame Maßnahmen, die tatsächlich Ursachen von Überflutungen vorbeugen könnten, eine topographische und hydrologische Analyse und Simulationen von Wasserständen notwendig seien, um Überflutungsereignisse und Abflusswege des Wassers tatsächlich zu verstehen und vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Er berichtete, dass im Juni 2021 Neuschönningstedt bei einem anderen Starkregenereignis „komplett abgesoffen“ sei. Das geschehe bereits bei einem Starkregenereignis mit 30-40 l/Std (In Bergedorf gab es bereits Starkregenereignisse mit 60 l/Std). Der Gemeindewehrführer erinnerte auch an das Bille-Hochwasser im Januar 2018. Ursachen seien u.a. eine übermäßige Flächenversiegelung. Die Stadtverwaltung wurde bereits 2019 durch einstimmigen Beschluss des Hauptausschusses aufgefordert, über Vorsorgemaßnahmen bei Extremwetterereignissen in einer zukünftigen Sitzung zu berichten. Der dem Beschluss vorangegangene Antrag warnte schon seinerzeit:
„So ist damit zu rechnen, dass Hochwasserlagen der Bille wie im Jahr 2018 auch in Zukunft auftreten werden. Es ist Bestanteil der kommunalen Daseinsvorsorge, für diese Fälle über Notfallpläne zu verfügen und die Folgen von Extremwetter durch geeignete Maßnahmen abzumildern. Das Klimaschutzkonzept der Stadt Reinbek nennt ebenfalls exemplarisch zahlreiche Maßnahmen, wie zum Beispiel die Folgen von Hitzewellen gemildert werden können (siehe Seite 178 ff)“.
Klimaschutzkonzept der Stadt Reinbek (S. 178ff)
Der einstimmige Beschluss unterstreicht, dass die Reinbeker Parteien / Kommunalpolitik sich – zumindest theoretisch – seit Jahren bewusst sind, dass auch hier in Reinbek verstärkt mit Extremwetterereignissen gerechnet werden muss.
Auch das Unwetter vom 10. September 2021 verdeutlicht: Es ist an der Zeit, dass die Wichtigkeit und Dringlichkeit erkannt wird, in Reinbek Maßnahmen umzusetzen, um die Stadt und die Menschen hier auf den stattfindenden Klimawandel vorzubereiten. Eine großflächige Versiegelung von Ackerflächen – wie durch die geplante Bebauung des Holzvogtlands angestrebt – ist allerdings der falsche Weg. Denn derartige Freiflächen werden schon jetzt benötigt, damit bei Starkregen das Wasser versickern kann.
Das Umweltbundesamt schreibt zu den ökologischen Auswirkungen von Bodenversiegelungen:
„Eine übermäßige Bodenversiegelung hat unmittelbare Auswirkungen auf den Wasserhaushalt: Zum einen kann Regenwasser weniger gut versickern und die Grundwasservorräte auffüllen, zum anderen steigt das Risiko, dass bei starken Regenfällen die Kanalisation oder die Vorfluter die ober-flächlich abfließenden Wassermassen nicht fassen können und es somit zu örtlichen Über-schwemmungen kommt.“
Derweil sind auch in den Reinbeker Wäldern deutliche Spuren des Unwetters zu sehen.
Fazit
Schon jetzt liegt Reinbek mit seinem Versiegelungsgrad über dem landesweiten Durchschnitt. Die Bebauung auch nur eines Teils des Holzvogtlandes würde die Versiegelung Reinbeks ohne Not weiter vorantreiben und konkret die Situation in Reinbek für ein ausgeglicheneres Mikroklima und Überschwemmungen durch Starkregenereignisse verschlechtern.
Aufgrund der Vielzahl positiver ökologischer Wirkungen tritt die Bürgerinitiative Holzvogtland für das Ziel an, das Holzvogtland als Freifläche zwischen den Stadteilen zu erhalten und vor Versiegelung zu schützen. Das offene Holzvogtland ist nicht nur prägender und oft zitierter Bestandteil des städtebaulichen Charakters Reinbeks als „Stadt im Grünen“. Das Holzvogtland bietet eine Vielzahl wichtiger Umweltleistungen, die für die Stadt Reinbek unverzichtbar sind, die sich nicht ersetzen lassen und von denen alle Reinbekerinnen und Reinbeker profitieren. Insbesondere für den Erhalt des Mikroklimas unserer Stadt sind diese Flächen unverzichtbar, denn sie tragen unmittelbar zur Abmilderung von Extremwetterereignissen bei. Die Freiflächen sind unabdingbar wichtig
• für die Entstehung und Zufuhr von Kaltluft bei Hitze sowie • als Versickerungsflächen bei Starkregen
Darüber hinaus bieten die Flächen folgende Umweltdienstleistungen:
• ihre Böden speichern und binden die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas • ihre Böden speichern Wasser und kühlen damit die Umgebung • die Ressource Boden ist auch in Reinbek begrenzt und nicht vermehrbar, weshalb wir zu behutsamen und sparsamen Umgang aufgefordert sind • Lebensraum für Pflanzen und Tiere • Ackerflächen zur Nahrungsmittelproduktion • Spazier- und Radwege zur Verbindung und Erholung zwischen den Stadteilen Prahlsdorf und Schönningstedt
Anstatt weitere Flächen und Böden im Außenbereich der Stadt zu versiegeln, muss in Erwartung extremer Wetterereignisse darüber nachgedacht werden, wo Flächen wieder entsiegelt werden können und wie wir die zur Verfügung stehenden Flächen aufwerten können. Das könnte z.B. durch das Pflanzen von Hecken und Gehölzen gemacht werden.
Offene Flächen zwischen den Stadtteilen, innerstädtische Grünflächen und Beschattung durch Bäume und Hecken müssen daher einen völlig neuen, vorrangigen Stellenwert in der Stadt- und Bauplanung Reinbeks erhalten.
Extremwetterereignisse
Das 2017 von der Reinbeker Stadtverordnetenversammlung verabschiedete Integrierte Klimaschutzkonzept benennt zahlreiche Maßnahmen, wie die Folgen extremen Wetters abzumildern sind, und macht deutlich, wie wichtig es ist, nicht nur Reinbeks Grün- und Freiflächen zu erhalten und gezielt zu erweitern, sondern darüber hinaus versiegelte Flächen wieder zu entsiegeln und Möglichkeiten zu zusätzlichen Begrünungen zu prüfen und umzusetzen.
An die Adresse der Stadtverwaltung wird im Reinbeker Klimaschutzkonzept eindringlich formuliert (S. 178f):
„Die zunehmende Hitzebelastung im Sommer sowie die sich häufenden Starkregenereignisse stellen die urbane Bevölkerung vermehrt vor Probleme und verursachen z.T. hohe Sachschäden. Aufgrund der durch die dichte Bebauung eingeschränkten Luftzirkulation sowie der stärkeren Aufheizung bzw. verminderten Versickerungsfähigkeit versiegelter Flächen ist es daher dringend erforderlich, dass kommunale Verwaltungen der Erhaltung sowie Anlage städtischer Grünflächen zukünftig eine hohe Priorität einräumen.“
Reinbeker Klimaschutzkonzept (S. 178f)
Zustimmend wird hier das Umweltbundesamt zitiert:
„Größere zusammenhängende Flächen können als klimatisch entlastende Strukturen dienen, indem sie den Transport von kühlerer Luft in den Stadtkörper hinein ermöglichen und auf diese Weise als Kaltluftbahnen dienen. (…) Die Herausforderung besteht darin, eine kompakte Stadt der kurzen Wege zu schaffen, die für Energieeinsparung und Klimaschutz besonders vorteilhaft ist. Es sollten deshalb Stadtstrukturen geschaffen und erhalten werden, die begrünen und kühlen können, so dass die Stadt auch in Hitzeperioden eine hohe Lebensqualität aufweist”
Diese Aussagen definieren den Weg für Reinbek und unterstreichen die kontinuierliche Handlungsverpflichtung der Stadt durch Bürgermeister, Stadtverwaltung und Kommunalpolitik. Es bleibt zu hoffen, dass die Reinbeker Entscheidungsträger die bereits vor fünf Jahren gefassten Beschlüsse endlich ernst nehmen und zum Maßstab ihres Handelns machen.
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